Geboren 1940 in Berlin
Studium der Philosophie, Komparatistik (Vergleichende Literaturwissenschaft) und Theaterwissenschaft
Praktische Theaterlaufbahn: freischaffender Theaterregisseur im gesamten deutschsprachigen Raum
Wissenschaftliche Laufbahn: Lehrauftrag am Theaterwissenschaftlichen Institut der Freien Universität Berlin (10 Jahre), Dozent an verschiedenen Volkshochschulen, Dramaturgische Arbeiten
Leiter studentischer und anderer Amateurtheater
Veranstalter verschiedener „Literarischer Salons“, Lesungen und Vorträge
Schreiben von eigenen Theaterdialogen und sprachwissenschaftlicher Studien, Drehbüchern
Seit 2001 kontinuierliche Schriftstellerei
VORGESTELLT: VNL-Autor »Eike Mewes«
Was ist Eike Mewes für ein Mensch? Bitte stellen Sie sich kurz vor.
Ein zurückhaltender, eher scheuer Mensch, jemand, der mit Ideen, Kenntnis (Kunst kommt von kennen), Humor und Einfühlungsvermögen zu überzeugen versucht statt mit öffentlichen Auftritten und arrogantem Führungsanspruch. Leider ist er durch den Umstand, als Künstler der Kritik wehrlos ausgeliefert zu sein, und aufgrund zahlreicher menschlicher Enttäuschungen immer misstrauischer und stiller geworden.
Sie haben zu Ihrem Abschluss in Philosophie und Komparatistik auch ein Studium der Theaterwissenschaften erfolgreich absolviert und anschließend mehrere Jahre als freischaffender Theaterregisseur gearbeitet. Wann haben Sie Ihre Passion für die darstellende Kunst entdeckt?
Bereits während der Schulzeit durch Mitwirkung in der Schultheatergruppe und frühzeitige Theaterbesuche.
In welcher Form fließen die Erfahrungen aus den drei genannten Fachbereichen in Ihre Buchprojekte ein?
Durch den unterschiedlichen Umgang mit Sprache: Einerseits die Logik und Präzision der wissenschaftlichen Sprache (Philosophie), andererseits der bildhafte, fantasievolle Wortschatz in der Poesie, zum dritten die komprimierte Dialogform im Drama. Alle drei Ausdrucksmöglichkeiten vermittelten Weite und Vielfalt und förderten die Lust an eigenen Sprachschöpfungen.
Wann kam bei Ihnen der Wunsch auf, sich literarisch zu verwirklichen?
Ebenfalls früh, ich schrieb neben den Schulaufsätzen immer gerne Geschichten. Während der Theaterarbeit blieb kaum Zeit zum Schreiben, sodass ich das Erzählen aufschieben musste. Von der entstandenen Ideensammlung zeugt mein umfangreicher Zettelkasten.
Gibt es Ereignisse oder Personen, die Sie in Ihrem Leben besonders beeindruckt und zum Schreiben animiert haben?
Direkt nicht, allenfalls Künstlerbiografien oder -romane.
In Ihrem Werk »Der Tag ist nur der weiße Schatten der Nacht« verarbeiten Sie Techniken des »filmischen Schreibens« und vermitteln dem Leser dadurch ein in Szenen unterteiltes, skizzenhaftes Bild des Erzählten. Mit diesem unverkennbar an Regieanweisungen anknüpfenden Stil fordern Sie den Rezipienten zum Gebrauch der eigenen Fantasie auf. Was gab Ihnen Anlass zur Wahl dieser Form des Schreibens?
Hier ist natürlich die Theaterarbeit unmittelbar eingeflossen. Bühnengestalten zu inszenieren bedeutet, Charakter und Handlungsweise einer Figur aus dem gesprochenen Wort zu erfassen. Mit den Filmgeschichten habe ich eine Umkehrung vorgenommen: ich fordere den Leser auf, Regisseur der Handlung zu sein, die Figuren ausschließlich durch die Dialoge zum Leben zu erwecken, damit sein eigener Film abläuft.
Ihr Titel »Einer trage des anderen List« beschäftigt sich mit der antiken Mythologie und bettet diese in den Kontext sowohl philosophischer als auch psychoanalytischer Fragestellungen ein. Wann hat sich Ihre große Leidenschaft für die Götter und Helden der mythischen Vorzeit manifestiert?
Während meines Studiums kam es zur Beschäftigung mit Platon und Aristoteles und damit mit dem philosophischen Humanismus, der für mich zur Lebensmaxime wurde, weil ich mit den religiösen Angeboten nichts anfangen konnte. Wir wissen mehr als wir glauben dürfen, der biblische Gott ist mir zu diffus und fremd. Die hellenistischen Götter verhalten sich menschlich, mit ihnen kann man alle psychoanalytischen Fragen beantworten.
Neben Ihrer Liebe zur Literatur und dem Schauspiel haben Sie auch eine hohe Affinität zur Sprachwissenschaft entwickelt. Ist dies allein dem Studium zu verdanken?
Vor allem dem lebenslangen Umgang mit Sprache (siehe Antwort 3).
»Auf ein Wort«, »1906 Teekesselchen« und »Wortspiele«: Ihre Reihe der »Sprachabenteuer« beschäftigt sich mit der Etymologie von Wörtern, ihrem Gebrauch und ihrem veränderten Sinn. Insbesondere die beiden letztgenannten Bände laden zum spielerischen Umgang mit Sprache ein und sind wunderbar farbig illustriert. Welche Motivation steckt hinter der Idee zu dieser Buchreihe?
Die Sorge um die Verarmung unserer schönen Sprache. Ich will den Wortschatz erhalten.
Welche Zielgruppe hatten Sie beim Konzipieren im Blick?
Eindeutig den heutigen Leser, vor allem den jungen, um ihm zu zeigen, dass es neben den Kürzeln der technischen Medien eine Fülle von Ausdrucksmöglichkeiten gibt, und dass die Anwendung von Sprache Freude machen und die Fantasie anregen kann.
Apropos Teekesselchen: Haben Sie mittlerweile über die 1906 hinaus weitere gefunden?
Ja, ich bin inzwischen bei 1955 angekommen. Sie können gerne die Sammlung mit der nächsten Auflage ergänzen.
Die bekannte Schreibblockade. Nur ein Mythos? Oder haben Sie diese beim Schreiben selbst schon erlebt? Wenn ja, was haben Sie dagegen unternommen?
Durchaus, wenn auch nicht so extrem. Einfach Pause machen und darauf vertrauen, dass die Unlust vorüber geht.
Was fällt Ihnen beim Schreiben leichter, anzufangen oder aufzuhören? Brauchen Sie lange, bis Sie an eine Buchidee glauben oder sind Sie sofort Feuer und Flamme?
Bei mir entsteht ein Buch zu 90 % im Kopf, bevor ich anfange zu schreiben. Dann allerdings geht mir die Niederschrift nicht schnell genug, es fließt sozusagen heraus. Deshalb brauche ich lange in der Entwicklung, auch wenn mich eine Idee sofort begeistert hat.
Wie schreiben Sie? Pflegen Sie bestimmte Rituale? Gibt es besondere Orte, die Ihre Kreativität fördern?
Weder noch. Ich gehe unkontrolliert systematisch vor und habe eine innere Ordnung meiner Gedanken. Wenn ich schreibe, ist um mich absolute Stille und Einsamkeit.
Haben Sie ein literarisches Vorbild?
Heinrich Heine.
Vertrauen Sie auf Buchrezensionen oder Bestsellerlisten?
Nein.
Welches Buch würden Sie niemals weggeben?
Zu viele, um sie aufzählen zu können.
Ihr Lebensmotto?
Die Quintessenz des Humanismus: Der Mensch muss dem Menschen ein Mensch sein.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Kreativität, so lange wie möglich.
Herr Mewes, haben Sie herzlichen Dank für das Interview.