Die rote Nelke

Es geht wie immer um sie und ihn

„Buntspecht" erstmals vor Publikum

ELFRIEDE STEYER

BLANKENFELDE
Das Lampenfieber war vorbestimmt. Denn die neun Frauen und Männer, die sich im Herbst vorigen Jahres zum Theaterspielen in der Kreisvolkshochschule Teltow-Fläming zusammengefunden haben, agienen zum ersten Mal vor Publikum. Zugegeben, es waren als Verwandte und Freunde wohlmeinende Zuschauer. Aber der herzliche Beifall war verdient.
In sechs Dialogen von Wolfdietrich Schnurre ging es wie oft im Leben um Partnerbeziehungen. Zwei reife Menschen treffen sich nach einer Kontaktanzeige das erste Mal. Unterschiedlicher als sie können zwei Leute kaum sein. Sie (Ramona Hoppe) plaudert anfangs scheu, dann verbindlich über sich. Er (Martina Ziegler in Hosenrolle) gibt sich zugeknöpft, prinzipienfest. Das scheint schief zu gehen. Die Wendung überrascht jedoch.
Ramona Hoppe agiert in „Zuflucht" noch einmal. Sie spielt überzeugend eine Frau, die bei einem Pater (Kathrin Plaschke) mehr tätige Hilfe als seelischen Beistand fordert. Der Leichnam ihres Mannes, den sie nach jahrelanger der Hölle gleicher Ehe umgebracht hat, ist zu beseitigen. Sie fühlt sich erlöst, endlich frei, vermag keine Reue zu empfinden. Nur ein Priester kann ihr helfen, denn er ist zum Schweigen verpflichtet.
Um einen Seitensprung geht es, um jahrelange Unterdrückung einer Frau. Immer sind die Frauen die Stärkeren. Besonders beeindruckte „Ssäh la wieh". Eine Hausfrau (Annelore Brüning) kommt auf die Dachterrasse, um Wäsche aufzuhängen. Dort trifft sie auf einen Mann (Daniel Warmuth), der sich aus unglücklicher Liebe in die Tiefe stürzen will. Sie spricht mit ihm, bezieht ihn in ihre Tätigkeit und in ihre Lebensgeschichte so mit ein, dass er fast unbewusst von seinem Vorhaben ablässt.
Bewundernswert, wie Annelore Brüning diese Rolle meistert, gehört die Mitarbeiterin der Volkshochschule im Bereich Sprachen doch erst seit Februar zu den „Buntspechten". Übrigens streben nur Philipp Locher und Maria Locher einen Schauspielberuf an. Martina Ziegler ist Büroangestellte, Kathrin Plaschke Landschaftsgestalterin und Beatrix Ellerbrok Reiseverkehrskauffrau, gegenwärtig allerdings im Erziehungsurlaub. Sie wie auch die anderen suchen sie im Theaterspiel einen Ausgleich zu ihrem Alltag. Das trifft sogar auf Franz Schneeweiß zu, Gitarrist in einer Band. Hier war er ein Kellner und ein Ehemann als Pascha.
Einmal in der Woche trifft sich die Theatergruppe. Da wird improvisiert, indem ein vorgegebenes Thema frei zu gestalten ist. Pantomime wird geübt, an der Sprache gefeilt und der Körperbeherrschung. „Eben so ein bisschen Handwerkszeug", sagt der leitende „Buntspecht" Eike Mewes und nennt es „eine Art Schnellkurs-Schauspielschule". Spielend lerne man am besten, heißt es, die Psyche einer Figur zu erfassen. Ohne Zweifei dürfte sich das auch auf die weitere menschliche Formung dieser Schauspielschüler auswirken. „Das Theater bildet mehr als ein dickes Buch", hat schon der französische Philosoph Voltaire gesagt.
Der Premiere folgen bis zum 18. September weitere acht Aufführungen in Luckenwalde, Fürstenwalde, Rangsdorf, Glashütte, Altes Lager und Wilhelmshorst.

Foto: Klaus Schlage

In "Die rote Nelke" treffen sich zwei völlig verschiedene Menschen - Martina Ziegler (links), Ramona Hoppe (rechts) - zum Blind Date im Lokal von Kellner Franz Schneeweiß.

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