Kalter Krieg und Prager Frühling
17.09.2012 / MÄRKISCHE ALLGEMEINE
„Tod auf Raten" - gelungene Uraufführung des Rangsdorfer Theaters „Buntspecht" / Am Ende siegt das Böse
Der Künstler glaubt an das Gute und wird eines Schlechteren belehrt
„Tod auf Raten" heißt das neue Theaterstück von Eike Mewes, das nun uraufgeführt wurde. Es spielt in den Wirren des Prager Frühlings und des Kalten Krieges.
Von Andrea von Fournier
GROSS MACHNOW Die unglaubliche und spannende Geschichte, die der Feder von Eike Mewes entsprang, der auch die Regie führte, geht zurück in die Jahre 1968 und 1970 und spielt in der damaligen CSSR und in der alten Bundesrepublik. Sie hat einen ernsten politischen Hintergrund und einen aktuellen Bezug. Gerade erlebten wir auf der ILA neben uns, wie Waffenhersteller, Händler, Lobbyisten und Politik unter den Augen zigtausender flugbegeisterter Zaungäste ihre Geschäfte anbahnten und forcierten. Das ist legal, das ist Marktwirtschaft.
Eike Mewes' Stück begleitet den westdeutschen Unternehmer Alexander Prinz (Siegfried Fiedler), einen Waffenschieber, der am Kalten Krieg verdient. 1968 lernt er in Prag Vera (Andrea Klucke) kennen. Die ist jung, gut aussehend, intelligent und spricht mehrere Sprachen. Und sie will unbedingt raus aus der explosiven Situation des Prager Frühlings. Beste Voraussetzungen für den skrupellosen Prinz: Er schleust Vera unter dem Mäntelchen von Liebe und Hilfsbereitschaft nach Deutschland, richtet ihr eine Wohnung ein und gibt ihr einen Job in seiner Firma. Rasch wird Vera klar, dass Prinz illegale Geschäfte betreibt. Als ein US-Agent (Detlef Schlüpen) einen fetten Vertrag unterschreiben will, wird ihr auch ihre wahre Rolle deutlich. Sie soll maximal nett zu Prinz' Geschäftsfreunden sein. Vera ist entsetzt: illegal in Deutschland, finanziell völlig abhängig von dem Mann, der vorgab, sie zu lieben. Doch sie wird sich nicht für ihn prostituieren. Sie kopiert als Rückversicherung heimlich Vertragsunterlagen. Prinz bemerkt es und nur knapp entgeht Vera dem Mordversuch von Prinz' Gefolgsleuten Borstel (Fabian Frenzel) und Holmsten (Matthijs van der Woude). Musiker Jan Henkel (Ralf Kosmetschke) kann gerade noch seine lahme „Ente" bremsen, als Vera betäubt auf der Straße liegt. Er nimmt sie mit nach Hause, hört kopfschüttelnd ihre Geschichte. Als Künstler will er an das Gute glauben. Der Fortgang der Ereignisse belehrt ihn eines Schlechteren. Er hilft Vera mit seinen Mitteln, am Ende mit einer alten Freundin, der Journalistin Jette (Antje Ehrentraut), die die Story in die Presse bringen soll.
Doch der Böse kriegt sie alle: Er weist nach, wie dienst bar der Staat alle Augen zudrückt bei Waffenexporten, dass Vera die schlechteren Karten hat, weil sie als ausländische Spionin entlarvt ins Gefängnis käme und er selbst als ehrbarer Unternehmer das Spiel beenden würde. Das geht auch Jan und Vera auf. Als die beiden sich aus dem Staub machen wollen, hat Prinz längst seine Fäden gezogen und für den nächsten Unfall gesorgt: Der trifft Vera tödlich mit Jan als dem Schuldigen.
Ein überzeugendes Theaterstück, das Mewes auf die Bretter des voll besetzten Festsaals brachte. Interessant waren auch die Videoeinspielungen, hergestellt von Stephan Rackwitz. Das Publikum applaudierte beinahe entfesselt. Neben guten, bewährten Darstellern wie Andrea Klucke und Fabian Frenzel begeisterten mehrere neue Gesichter. Siegfried Fiedler, ehemaliger Nachrichtensprecher, war die größte Neuentdeckung: Er gab überzeugend den seriösen, völlig skrupellosen Waffendealer. Matthijs van der Woude erschien wie ein natürlich mit Komik gesegneter Schurke und Detlef Schlüpen gefiel sich und dem Publikum in der Rolle des alten Amis.
info "Tod auf Raten" wird wieder am 26. Oktober um 19 Uhr und am 28. Oktober um 17 Uhr im Festsaal in Groß Machnow zu sehen sein.